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Montag, 5. Oktober 2020

Kein Dachauer SPACE-Abend 2020

Liebe Raumfahrtfreunde, 

Der Dachauer SPACE-Abend am 28.11.2020 kann wegen Corona leider nicht stattfinden. Denn je weiter das Jahr voranschreitet, desto schärfer werden die coronabedingten Regeln für Veranstaltungen. 

Wir möchten gern dass wir alle Interessierten willkommen heißen und jedem ein unbeschwertes Raumfahrtvergnügen ermöglichen, aber das ist unter den aktuellen Bedingungen leider nicht umsetzbar.

Also schauen wir auf 2021 und freuen uns drauf!

Eure SPACE-Redaktion

Samstag, 15. August 2020

Oktobergetümmel auf der ISS

 

 

Die NASA legte am 14. August den Termin für den Start der ersten regulären Austauschcrew fest, die in der Nach-Shuttle Ära von amerikanischem Boden aus zur ISS fliegt. Dies soll nun, so die NASA, „net October 23“ sein. Also auf „denglisch“: Nicht früher (not earlier than = net) 23. Oktober. Dann sollen Michael Hopkins, Victor Glover, Shannon Walker und Soichi Noguchi mit einem Crew Dragon von SpaceX zur ISS fliegen und dort etwa 210 Tage verbringen. Der Starttermin liegt damit etwa drei Wochen hinter dem Termin, der unmittelbar nach der Rückkehr der Crew der SpaceX Demo 2 - Mission im Gespräch war.

Dabei könnte es im Oktober und den nachfolgenden Wochen und Monaten auf der ISS zu einigem Getümmel kommen. Etwa um diesen Termin herum wollte nämlich auch die Crew der Expedition 62, bestehend aus Chris Cassidy von der NASA und den beiden russischen Kosmonauten Anatoli Iwanischin und Iwan Wagner wieder zur Erde zurückkehren.

Nach diesem ursprünglichen Plan hätte die Expedition 62 dann etwa drei Wochen Zeit gehabt, diese neue Crew „einzuarbeiten“. Für den 14. Oktober 2020 wäre dann der Start der Crew von Sojus MS-17 vorgesehen gewesen, mit Sergei Ryschinski, Sergei Kud-Swerkow und Kathleen Rubins an Bord. Für die Einarbeitung dieser Crew hätte dann etwa eine Woche zur Verfügung gestanden. Insgesamt wären dann zu diesem Zeitpunkt dann nicht weniger als 10 Menschen gleichzeitig an Bord der ISS gewesen.

Die neue Planung sieht nun so aus, dass der Rückflug der Sojus MS-16 Crew mit Cassidy, Iwanischin und Wagner verschoben wird, um eine reibungslose Einarbeitung der neuen Crews zu gewährleisten. Was allerdings nicht für einen allzu langen Zeitraum verschoben werden kann, denn die drei sind jetzt seit dem 9. April 2020 im Orbit und die technische Lebensdauer ihres Raumfahrzeugs ist auf etwa 200 Tage ausgelegt, und die sind im zweiten Oktoberdrittel eigentlich schon erreicht.

Bild: Missionslogo der SpaceX Crew-1 Mission; Credit: SpaceX

Mittwoch, 5. August 2020

Der Getreidesilo fliegt


Die Aufgabe für den „Fliegenden Getreidesilo“ von SpaceX war im Prinzip recht einfach: Abheben, ungefähr 150 Meter hoch und ebenso weit fliegen und dann in einem Stück wieder landen. Wie schwierig diese Sache tatsächlich ist, zeigt schon die Bezeichnung des seltsamen Vehikels, das sich am späten Nachmittag des 3. August (in Mitteleuropa war es da schon früher Morgen am 4. August) im texanischen Boca Chica, an der Grenze zu Mexiko, in die Luft erhob, und etwa 30 Sekunden später vollständig intakt wieder landete: Der „Starship Prototyp SN 5“.

„SN“ steht für „Serial Number“. SN 5 ist somit die Seriennummer 5. Seriennummern 1 und 3 waren bei Drucktests explodiert. SN 2 war ein kleines Versuchsmodell, das nicht für Flüge vorgesehen war. SN 4 explodierte kurz nach einem an sich erfolgreichen statischen Brennversuch.  Bei den Startship-Protopyen handelt es sich um etwa 30 Meter hohe Versuchs-Tanksegmente der zukünftigen Starships, mit denen Elon Musk die Raumfahrt noch weiter revolutionieren will, als er es mit seinen gegenwärtigen Raumfahrzeugen ohnehin schon tut.

Starship SN 5 ist mit einem einzelnen Raptor-Triebwerk und sechs einfachen, ausklappbaren Landebeinen ausgerüstet. Es besteht aus einem Tank für flüssigen Sauerstoff, einem darüber liegenden Tank für flüssiges Methan und einem Massensimulator ganz an der Spitze des „Silos“. Der wiederum war notwendig, um die fehlende Masse der nur zu wenigen Prozent gefüllten Treibstofftanks zu kompensieren. Eine Nutzlastsektion, die aerodynamische Verkleidung und die Steuerflächen fehlen. Mit SN 5 und den bereits vorbereiteten weiteren Prototypen SN 6 und SN 7 sollen nun in den nächsten Monaten weitere, immer anspruchsvollere Flugversuche durchgeführt werden, allerdings allesamt in niedrigeren Höhen. SN 8 befindet sich derzeit in Bau. Diese Einheit wird mit drei Raptor-Triebwerken ausgerüstet und ist für Flugversuche in größeren Höhen bestimmt. All diese Planungen können aber, wie immer bei SpaceX, schnell wieder über den Haufen geworfen werden.

Das Bild ist eine Aufnahme aus einem Film von @LabPadre.

Montag, 3. August 2020

Erste bemannte Landung auf Wasser in 45 Jahren


Der bemannte Testflug des SpaceX-Crew Dragon endete so reibungslos wie er begonnen hatte. Das letzte Mal davor aber, dass eine bemannte Raumkapsel im Wasser niederging, war die Rückkehr ebenso ungeplant wie dramatisch. Es traf Sojus 23 am 16. Oktober 1976 bei einer der haarsträubendsten Landungen der Raumfahrtgeschichte. Tags zuvor, während der automatischen Anflugphase an die Raumstation Saljut 5 versagte das automatische Rendezvous-System. Die Sojus war zu diesem Zeitpunkt noch wenige 100 Meter von der Station entfernt. Auch damals wurden die Crews schon dafür trainiert, das Anlegen manuell vorzunehmen. Dies galt  aber nicht für den Anflug. Entsprechend den zu diesem Zeitpunkt bestehenden Flugregeln musste die Mission deshalb abgebrochen werden.

Die damalige Version der Sojus (Typ Sojus 7K-T) war nicht mit Solargeneratoren ausgerüstet, sondern war ausschließlich auf Batterien angewiesen, welche die Einsatzdauer auf zwei Tage unabhängigen Fluges beschränkten. Nach dem Andocken an die Station, das damals in der Regel innerhalb von 24 Stunden nach dem Start durchgeführt wurde, konnten diese Batterien wieder aufgeladen werden. Diese Möglichkeit hatte Sojus 23 nicht. Die Landegelegenheiten an diesem Tag waren bereits verstrichen, erst am nächsten Tag fanden wieder Überflüge über der kasachischen Steppe statt, allerdings auch da mit wenig geeigneten Zonen und vor allem bei sehr schlechtem Wetter. Eines der Landefenster ergab aber eine Möglichkeit nicht allzu weit von Baikonur entfernt. So mussten die beiden Kosmonauten alles an elektrischen Systemen stilllegen, was irgendwie möglich war, einschließlich der Funkverbindung. 

Die Rückkehr erfolgte am 16. Oktober 1976 kurz vor 21:00 Uhr zentralasiatischer Ortszeit. Das Wetter war miserabel, es herrschte Schneesturm und die Temperaturen lagen bei minus 22 Grad. Die Kapsel landete inmitten des mit Eisschollen bedeckten Tengis-Sees, acht Kilometer vom Ufer entfernt.  Der Tengis-See ist etwa dreimal so groß wie der Bodensee. Es war dies die erste Wasserlandung des sowjetischen Raumfahrtprogramms und die lief unter den denkbar schlechtesten Wetterbedingungen.

Die folgenden Stunden verliefen dramatisch. Aufgrund der extremen Bedingungen gelang es den Rettungskräften nicht, an die Kapsel heranzukommen. Der Einsatz von Hubschraubern war wegen des Blizzards ausgeschlossen, Boote und Amphibienfahrzeuge konnten wegen der hohen Eisschollen ebenfalls nicht eingesetzt werden.  So musste die Rettung auf den Einbruch des Morgens warten.

Zwar gelang es den Kosmonauten, den Hauptfallschirm zu lösen, aber durch einen Kurzschluss wurde der Reserveschirm ausgeworfen, der sich mit Wasser füllte und die Kapsel nach unten zog. Sie versank zwar nicht, aber das Lüftungsventil, durch das die Kosmonauten Frischluft bekamen lag nun ebenfalls unter Wasser. Die fast vollständig versunkene Kapsel kühlte nun sehr schnell aus. Die Besatzung erwartete aber eine schnelle Rettung, zog die Raumanzüge aus und die normalen Fluganzüge an. Die beiden Kosmonauten froren erbärmlich und waren knapp mit dem Strom. Sie mussten alle Stromverbraucher bis auf eine kleine Lampe ausschalten.

Erst am nächsten Morgen konnten Froschmänner abgesetzt, ein Schwimmring um die Sojus gelegt und die Crew vom Hubschrauber aufgenommen werden. Die Kapsel aber war für die Hubschrauber zu schwer. Sie musste von einem Helikopter an Land gezogen werden. Erst elf Stunden nach der Landung wurde die Luke geöffnet.

Die letzte wirklich beabsichtigte Wasserlandung fand vor fast exakt 45 Jahren statt, am 25. Juli 1975, seinerzeit im Pazifik. Dabei ereignete sich ein ernsthaftes Problem. Die Crew, Thomas Stafford, Deke Slayton und Vance Brand, übersah während der Landung, dass das Lageregelungssystem der Kapsel beim Herabschweben am Fallschirm noch in Betrieb war. Dadurch wurden Stickstofftetroxid- und Hydrazingase durch das bereits geöffnete Außenventil ins Innere der Kabine geleitet. Brand verlor kurzzeitig das Bewusstsein. Stafford gelang es, die Notfall-Sauerstoffmasken aus ihren Fächern zu holen, Brand eine davon überzuziehen und eine weitere Slayton zu reichen. Die Landung selbst verlief perfekt, die drei Astronauten mussten aber danach für zwei Wochen in die Klinik nach Honolulu.

Bild: Es dauerte über neun Stunden, bis die Bergungskräfte die Kapsel an Land gezogen hatten.

Mittwoch, 29. Juli 2020

Wann kommt Maurer?

Kürzlich wurde die Crew für den zweiten regulären Einsatzflug des Crew Dragon von SpaceX bekanntgegeben. In der NASA-Terminologie wird diese Mission als „SpaceX Crew-2“ bezeichnet. Die Besatzung besteht aus den beiden US-Astronauten Shane Kimbrough (Kommandant) und Megan McArthur (Pilotin) sowie dem japanischen Astronauten Akihido Hoside und dem ESA-Astronauten Thomas Pesquet, die als Missionsspezialisten an Bord des Crew Dragon als fliegen. Pesquet wird damit zum ersten europäischen Raumfahrer, der mit einem der beiden neuen bemannten US-Raumschiffe zur ISS fliegen wird.

Interessant in diesem Zusammenhang auch die Benennung von Megan McArthur. Sie ist die Ehefrau des US-Astronauten Robert Behnken, der seit dem 30. Mai zusammen mit Douglas Hurley die SpaceX DM-2 Testmission durchführt, von der die beiden nach aktueller Planung am kommenden Sonntag (1. August) wieder zur Erde zurückkommen sollen (wenn nicht ein tropischer Sturm, der sich gerade vor Florida zusammenbraut, einen Strich durch die Rechnung macht). Geht alles nach Plan wird Megan McArthur im Februar 2021 mit genau demselben Raumschiff zur ISS fliegen, mit dem derzeit ihr Ehemann Robert Behnken unterwegs ist. Die beiden haben einen Sohn, da ist es bei diesem gefährlichen Beruf angebracht, Raumflugmissionen getrennt durchzuführen. Zwischen Februar und August 2021 wird sich also Bob Behnken um das gemeinsame Kind kümmern.

Etwas versteckt im Zusammenhang mit dieser Crew-Benennung gab es aber auch noch diese Presseverlautbarung der ESA https://www.esa.int/Newsroom/Press_Releases/ESA_s_Thomas_Pesquet_to_be_first_European_to_ride_a_Dragon_to_Space_Station Sie verrät in einem ihrer hinteren Absätze, dass auch Matthias Maurer noch im Jahr 2021 einen Sitz in einem amerikanischen Raumschiff erhalten soll. Wenn sich das bewahrheitet, dann ist es mit hoher Wahrscheinlichkeit der erste Einsatzflug des Starliners von Boeing. Das würde bedeuten, dass er im Herbst 2021 zusammen mit Sunnita Williams, Josh Cassada und einem weiteren noch nicht benannten Crew-Mitglied bei der ersten regulären Einsatzmission dieses neuen Raumschiffs zum Zuge kommt. Dies setzt allerdings voraus, dass der Starliner einen unbemannten Testflug im November 2020 und die bemannte Testmission dieses Raumfahrzeugs im April 2021 planmäßig absolviert.

Immerhin: Matthias Maurer hat jetzt eine ganz offizielle Perspektive für seine erste Mission zur ISS.

Bild: Derzeit trainiert Matthias Maurer (links) als Ersatzmann für Thomas Pesquet (rechts).

Mittwoch, 22. Juli 2020

Neue Rekorde für SpaceX


Kaum eine Mission von SpaceX, bei der nicht mindestens ein neuer Raumfahrtrekord aufgestellt wird. Beim Start des militärischen Kommunikationssatelliten ANASIS-II für Südkorea gab es bei dieser Mission die folgenden Eckdaten:

  • Der 12. Start von SpaceX in diesem Jahr (wäre SpaceX ein Land, dann läge es damit 2020 bisher an zweiter Stelle der Nationenwertung für Starts)
  • der 11. (ein Flug war ein suborbitaler Test einer Crew-Dragon)
  • der 90. Flug einer Falcon 9, und
  • die 57. Landung der Erststufe.
Der bei dieser Mission verwendete Booster, Core 1058.2, war bereits im May für den Start einer Crew Dragon eingesetzt worden. Mit der wurden die beiden Astronauten Bob Behnken und Doug Hurley zur Internationalen Raumstation gebracht. Dies ergab eine „Turn-around“ Zeit von nur 51 Tagen seit dem letzten Einsatz, der bislang beste Wert für ein wiederverwendbares Raumfahrzeug. Dies beinhaltet auch die Flüge des Space Shuttle. Dort war die kürzeste Turn-around-Zeit zwischen zwei Missionen (STS-51J und STS-61B) bei 55 Tagen.

Erstmals in der Geschichte der Raumfahrt gelang es bei dieser Mission auch, beide Hälften der Nutzlastverkleidung (dieam Fallschirm zurückkehren) direkt aus der Luft aufzufangen. Die beiden Bergungsschiffe für die Fairings befanden sich 782 Kilometer von Cape Canaveral entfernt.

Außerdem war Core 1058.2 damit auf beiden Bergungsschiffen von SpaceX gelandet, denn die erste Rückkehr nach der bemannten Mission im Mai fand auf „Of course I still love you“ statt.

Das Video zeigt das Einfangen einer der beiden Fairing-Hälften. Es sieht einfach aus, aber es ist ultraschwer! Die Nutzlastverkleidung kommt aus dem Weltraum. Um das hinzubekommen hat SpaceX wesentlich länger gebraucht, als die Rückführung der Booster.