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Mittwoch, 29. Juli 2020

Wann kommt Maurer?

Kürzlich wurde die Crew für den zweiten regulären Einsatzflug des Crew Dragon von SpaceX bekanntgegeben. In der NASA-Terminologie wird diese Mission als „SpaceX Crew-2“ bezeichnet. Die Besatzung besteht aus den beiden US-Astronauten Shane Kimbrough (Kommandant) und Megan McArthur (Pilotin) sowie dem japanischen Astronauten Akihido Hoside und dem ESA-Astronauten Thomas Pesquet, die als Missionsspezialisten an Bord des Crew Dragon als fliegen. Pesquet wird damit zum ersten europäischen Raumfahrer, der mit einem der beiden neuen bemannten US-Raumschiffe zur ISS fliegen wird.

Interessant in diesem Zusammenhang auch die Benennung von Megan McArthur. Sie ist die Ehefrau des US-Astronauten Robert Behnken, der seit dem 30. Mai zusammen mit Douglas Hurley die SpaceX DM-2 Testmission durchführt, von der die beiden nach aktueller Planung am kommenden Sonntag (1. August) wieder zur Erde zurückkommen sollen (wenn nicht ein tropischer Sturm, der sich gerade vor Florida zusammenbraut, einen Strich durch die Rechnung macht). Geht alles nach Plan wird Megan McArthur im Februar 2021 mit genau demselben Raumschiff zur ISS fliegen, mit dem derzeit ihr Ehemann Robert Behnken unterwegs ist. Die beiden haben einen Sohn, da ist es bei diesem gefährlichen Beruf angebracht, Raumflugmissionen getrennt durchzuführen. Zwischen Februar und August 2021 wird sich also Bob Behnken um das gemeinsame Kind kümmern.

Etwas versteckt im Zusammenhang mit dieser Crew-Benennung gab es aber auch noch diese Presseverlautbarung der ESA https://www.esa.int/Newsroom/Press_Releases/ESA_s_Thomas_Pesquet_to_be_first_European_to_ride_a_Dragon_to_Space_Station Sie verrät in einem ihrer hinteren Absätze, dass auch Matthias Maurer noch im Jahr 2021 einen Sitz in einem amerikanischen Raumschiff erhalten soll. Wenn sich das bewahrheitet, dann ist es mit hoher Wahrscheinlichkeit der erste Einsatzflug des Starliners von Boeing. Das würde bedeuten, dass er im Herbst 2021 zusammen mit Sunnita Williams, Josh Cassada und einem weiteren noch nicht benannten Crew-Mitglied bei der ersten regulären Einsatzmission dieses neuen Raumschiffs zum Zuge kommt. Dies setzt allerdings voraus, dass der Starliner einen unbemannten Testflug im November 2020 und die bemannte Testmission dieses Raumfahrzeugs im April 2021 planmäßig absolviert.

Immerhin: Matthias Maurer hat jetzt eine ganz offizielle Perspektive für seine erste Mission zur ISS.

Bild: Derzeit trainiert Matthias Maurer (links) als Ersatzmann für Thomas Pesquet (rechts).

Mittwoch, 22. Juli 2020

Neue Rekorde für SpaceX


Kaum eine Mission von SpaceX, bei der nicht mindestens ein neuer Raumfahrtrekord aufgestellt wird. Beim Start des militärischen Kommunikationssatelliten ANASIS-II für Südkorea gab es bei dieser Mission die folgenden Eckdaten:

  • Der 12. Start von SpaceX in diesem Jahr (wäre SpaceX ein Land, dann läge es damit 2020 bisher an zweiter Stelle der Nationenwertung für Starts)
  • der 11. (ein Flug war ein suborbitaler Test einer Crew-Dragon)
  • der 90. Flug einer Falcon 9, und
  • die 57. Landung der Erststufe.
Der bei dieser Mission verwendete Booster, Core 1058.2, war bereits im May für den Start einer Crew Dragon eingesetzt worden. Mit der wurden die beiden Astronauten Bob Behnken und Doug Hurley zur Internationalen Raumstation gebracht. Dies ergab eine „Turn-around“ Zeit von nur 51 Tagen seit dem letzten Einsatz, der bislang beste Wert für ein wiederverwendbares Raumfahrzeug. Dies beinhaltet auch die Flüge des Space Shuttle. Dort war die kürzeste Turn-around-Zeit zwischen zwei Missionen (STS-51J und STS-61B) bei 55 Tagen.

Erstmals in der Geschichte der Raumfahrt gelang es bei dieser Mission auch, beide Hälften der Nutzlastverkleidung (dieam Fallschirm zurückkehren) direkt aus der Luft aufzufangen. Die beiden Bergungsschiffe für die Fairings befanden sich 782 Kilometer von Cape Canaveral entfernt.

Außerdem war Core 1058.2 damit auf beiden Bergungsschiffen von SpaceX gelandet, denn die erste Rückkehr nach der bemannten Mission im Mai fand auf „Of course I still love you“ statt.

Das Video zeigt das Einfangen einer der beiden Fairing-Hälften. Es sieht einfach aus, aber es ist ultraschwer! Die Nutzlastverkleidung kommt aus dem Weltraum. Um das hinzubekommen hat SpaceX wesentlich länger gebraucht, als die Rückführung der Booster.

Donnerstag, 9. Juli 2020

Ariane 6 - Ein Erfolgsmodell?


Das Heute-Journal hat sich mit der Ariane 6 beschäftigt. Anlässlich der Vorstellung der Kick-Stage, welche von der ArianeGroup neu eingeführt (aber von der ESA finanziert) wird. Hier der Beitrag: https://www.zdf.de/nachrichten/heute-journal/wird-ariane-6-ein-erfolgsmodell-100.html

Der Beitrag ist üblicher easy-going-Journalismus: Man vergleicht Dinge, die nicht miteinander vergleichbar sind (Kickstufe mit Wiederverwendbarkeit der Grundstufe), lässt ungeprüft falsche Fakten zu (Behauptung: ständige Verschiebungen des Ariane 6-Erstfflug liegt zu 99 Prozent an Corona. Insidern wussten aber schon vor einem Jahr, dass mit einem Erstflug nicht vor Juli 2021 ist) und unsere weltbester (Ex-) Astronaut Ulrich Walter wird nicht müde, ein ums andere Mal sein Mantra runterzubeten, dass sich Wiederverwendung bei Trägerraketen nicht lohnt (SpaceX hat inzwischen schon beinahe 50mal Erststufen gelandet. Entsprechend dieser Weisheit richtet sich das Unternehmen damit von Flug zu Flug mehr zu Grunde).

„Kickstage einsetzen statt Wiederverwenden, für Experten ergibt das Sinn“, meint der Beitrag. Da kann es sich wohl nur um europäische Experten handeln, denen nicht ganz klar ist, was sonst so in der Welt der Trägerraketen abgeht. Und so zu tun, als wäre die Kickstage ein genialer Lichtblick europäischer Ingenieure ist ein Witz. Weltweit jeder, der keine Trägerrakete hat, die leistungsfähig genug ist, um seine reguläre Oberstufe mit der kompletten Arbeit zu beauftragen, macht das so. Angefangen von der kleinen Curie-Kickstufe von RocketLab bis hin zur Briz M der Proton.

Fakt ist: Mit der Ariane 6 leistet sich Europa einen Design der in den 80iger Jahren (des vergangenen Jahrhunderts) noch halbwegs akzeptabel gewesen wäre, wenn man denn schon unbedingt bei der Entwicklung so wenig wie irgend möglich ausgeben will und dafür bereit ist, horrende Preisen in der Einzel- oder Gruppenfertigung (denn so eine richtige Serie wird das bei der Ariane 6 nie werden) in Kauf zu nehmen.

Lichtblick in diesem Wohlfühl-Journalismus: Marko Fuchs von OHB, der es auf den Punkt bringt: Die Ariane 6 ist eine institutionelle europäische Rakete für institutionelle europäische Nutzlasten. Sie wird die „steuerfinanzieren“ europäischen Missionen fliegen. Da kommt es auf Preis und Konkurrenzfähigkeit nicht an. Auf dem Weltmarkt wird diese Rakete leider keine Rolle spielen.

Bild: ESA

Dienstag, 7. Juli 2020

Verzweiflungstat - England kauft OneWeb


Das ist ja mal eine handfeste Überraschung. Die britische Regierung kauft den im März in Konkurs gegangenen Satellitendienstleister One Web. Der gesamt Deal repräsentiert einen Wert von einer Milliarde Dollar, die sich die britische Regierung und das indische Unternehmen Bharti Enterprises Ltd. teilen. Bislang hatten Insider vermutet, dass Jeff Bezos (Amazon), dessen Firma Blue Origin genau gegenüber von One Web residiert, einige für ihn nützliche Bruchstücke des Unternehmens kaufen werde (wie zum Beispiel die Fertigungsanlagen für die Satelliten).

One Web war ins Leben gerufen worden (und hatte bereits auch etliche Satelliten in den Orbit gebracht) um Internet-Dienstleistungen aus dem niedrigen Erdorbit zur Verfügung zu stellen. Der Zielmarkt waren dabei vor allem abgelegene Gegenden oder Entwicklungsländer, die keinen oder nur begrenzten Zugang zum Highspeed-Internet haben. One Web wollte in etwa das gleiche Marktsegment bedienen, die auch SpaceX mit dem Starlink-System anpeilt.

So als wäre diese Hochrisiko-Investition (vor allem zu dem exorbitanten Preis, zu dem sie gemacht wurde) nicht schon genug, verlautbarte Großbritannien nun obendrein, dass sie das One Web-Netz als Navigationssystem verwenden wolle, ein Zweck für welches das System weder ausgelegt noch in der Lage ist. Zu dieser Aussage passt allerdings, dass England erst vor kurzem aufgefallen zu sein scheint, dass es nun – nachdem das Land aus der EU ausgetreten ist – keinen Zugang mehr zu den hochpräzisen Navigationsdaten des Galileo-Systems hat.

Auf jeden Fall wirft der überstürzt wirkende Kauf weit mehr Fragen auf, als er Antworten liefert. Auch ob Großbritannien die Verpflichtungen, die One Web eingegangen ist (beispielsweise über die Optionen für mehrere dutzend Trägerraketen oder die Rückzahlung von 238 Millionen Dollar Schulden an Arianespace), weiter übernehmen will ist ungewiss. Kann also gut sein, dass am Ende, wenn den Engländern die Konsequenzen ihres absurden Tuns klar geworden sind, doch Jeff Bezos der lachende Dritte sein wird. Und es wird interessant sein, diese Story weiter zu beobachten.

Bild: One Web-Produktionsgebäude in Cape Canaveral; Credit: Florida Today

Samstag, 4. Juli 2020

Starship-Event im September?


SpaceX-CEO Elon Musk hat angekündigt, dass er die Tradition der jährlichen Starship-Events aufrecht erhalten will. Im Herbst, man spricht derzeit von Ende September oder Anfang Oktober, will er in einer öffentlichen Veranstaltung über die Fortschritte berichten, die das Unternehmen in den vergangenen zwölf Monaten bei der Entwicklung dieses revolutionären neuen Raumtransportsystems gemacht hat.

Die „Tradition“ jährlicher öffentlicher Starship-Fortschrittsberichte begann im September 2015 beim Internationalen Astronautischen Kongress in Guadalajara in Mexiko. Seither hat es jedes Jahr entweder im September oder im Oktober einen ähnlichen Event gegeben. Das Starship wurde früher als das Interplanetary Transport System (ITS), die Big Falcon Rocket (BFR) oder auch etwas despektierlich als die “Big Fucking Rocket” bezeichnet. Starship ist das Nachfolgeprogramm zur Falcon 9 und zur Falcon Heavy.

SpaceX ist es bislang gelungen, die Falcon 9-Erststufen bis zu fünfmal wiederzuverwenden. Auch die Nutzlastverkleidungen werden inzwischen regelmäßig geborgen und wiederverwendet. Elon Musk hat aber klar gemacht, dass die Raketen des Typs Falcon 9 und Falcon Heavy (obwohl sie bereits mit zu den größten operationellen Raketen weltweit gehören) zu   klein sind, um die auch die zweiten Stufen sinnvoll bergen und einer Wiederverwendung zuführen zu können. Das wird sich aber mit der Einführung des Starship ändern.

Bild: Foto vom letztjährigen Starship-Event